B.U.D. e.V. unterstützt Mohammad Z. aus Syrien
Im Sommer 2015 wird Mohammad Z., ein junger aus Syrien stammender Mann, der seit 13 Jahren in Deutschland lebt, bei der Arbeit auf einer Baustelle von zwei Männern brutal zusammengeschlagen. Die Täter sind bekannt, werden aber nie bestraft, das Opfer allerdings leidet bis heute unter den Folgen des Angriffs. B.U.D. e. V. unterstützte ihn im Gerichtsverfahren.
Die Attacke
„Das sind Nazis“, ist sich Mohammad Z. sicher. „Die haben von Anfang an schief geguckt und gelabert.“ Schon im Auto, mit dem die Arbeiter frühmorgens zur Baustelle fuhren, hätten die späteren Täter provoziert: Einer der Schläger habe das Auto gefahren, ausländerfeindliche Musik laut aufgedreht und „mich und meinen Kumpel, der auch Araber ist, über den Spiegel angestarrt“, erzählt der junge Mann. Die beiden versuchten, sich nicht einschüchtern zu lassen und nahmen die Provokationen hin.
Die aus verschiedenen Bundesländern zusammengezogenen Männer waren an diesem Tag an einem Gleisabschnitt der Deutschen Bahn in der Oberpfalz beschäftigt. Gegen Mittag wurde es heiß. Sehr heiß, erinnert sich der damals selbstständig im Gleisbau Tätige. Er und sein arabischer.
Kollege hätten hart gearbeitet, die beiden anderen Kollegen – Brüder wie sich herausstellte – aber meistens geraucht und an ihrem Handy gespielt. Weil er vorankommen und bald Feierabend machen wollte, habe Z. die beiden angesprochen, „dass sie richtig arbeiten sollen.“ Die Antwort: „Hau ab, interessiert mich nicht.“ Ein Versuch, die Sache über den Vorarbeiter zu klären, blieb erfolglos. Deshalb bemühte sich Z. noch einmal, mit den beiden Kollgen über eine gerechte Aufteilung der anstehenden Arbeiten zu verhandeln.
Einer der beiden hätte ihn daraufhin angeschnauzt, erinnert sich Z., sowas wie „Ausländer raus“ gebrüllt und den Arm zum Hitlergruß erhoben. „Dann kam sein Bruder und hat mich angegriffen. Er hat seinen Kopf auf meine Nase geschlagen.“ Darauf prügelten beide auf ihn ein. Z. fiel „fast einen Meter runter“ von der Schiene auf den Schotter im Gleisbett. „Dann saß einer auf meiner Brust und ich habe gesehen, wie er von dem Schotter einen Stein in der Hand hatte. Damit hat er mich auf die Brust geschlagen. Dann kam mein Kumpel Mahmud und hat die beiden von mir weggemacht. Mein Kopf, meine Nase, das Gesicht. Überall hatte ich Blut.“ Ein Krankenwagen wurde gerufen. Schmerzen im Brustbereich stellten sich im Krankenhaus als Brustbeinbruch heraus.
Das Gerichtsverfahren …
Im Jahr darauf wurde der Fall vor Gericht verhandelt. Der Betroffene Mohammad Z. trat als Nebenkläger auf – und hoffte, dass seine Peiniger Reue zeigen und bestraft würden. Passiert ist nichts davon. Vor Gericht hielten die Brüder zusammen. Mahmud, der Freund von Z. und einziger weiterer Zeuge, war für das Gericht nicht greifbar. Vor dem Prozess war er nach Frankreich gezogen, wo er bis heute lebt. Die Richterin sah sich deshalb gezwungen, von einer Verurteilung abzusehen.
… und sein Ausgang
Nach dem Prozess war Z. enttäuscht: „Ich war richtig traurig, bin krank geworden durch die Situation.“ Für die bis heute spürbaren Folgen der Tat werden die Täter nicht aufkommen: „Ich habe von denen kein Schmerzensgeld bekommen und sie sind auch einfach frei gekommen vom Gericht. Keine Bewährung, kein Knast. Nichts. Da habe ich meine Gesundheit … ich war beim Arzt und der hat mich behandelt und sowas und dann ist die Geschichte so einfach beendet.“ Eigentlich sei Deutschland sein zweites Heimatland. Seit 13 Jahren lebe er hier, „arbeite wie die anderen“ und zahle Steuern. Er kann weder die Tat noch deren Folgenlosigkeit verstehen: „Ich will auch vernünftig behandelt werden. Aber solche Leute kommen zu mir als Ausländerfeinde und nichts passiert?“ Erst bei der Betroffenenhilfe habe er Anerkennung und finanzielle Unterstützung erhalten. Dafür ist er dankbar, sagt er.
„Die Schmerzen habe ich immer noch. Aber nicht mehr so stark wie früher. Gottseidank. Ich konnte nicht sitzen, nicht schlafen, nicht aufstehen“, erinnert sich Mohammad Z. rund drei Jahre nach dem Übergriff. Als Folge der Verletzung kann er nicht mehr schwer heben – eine unbedingte Voraussetzung für die Arbeit als Gleisbauer. Deshalb verlor er seine selbstständige Tätigkeit.
In der Zwischenzeit arbeitete er als Dolmetscher beim Jobcenter und half damit anderen Flüchtlingen. Das war nur vorübergehend. Jetzt macht er eine Berufsweiterbildung zum Büromanager. „Die Kopfsache ist noch da“, sagt Z. Deshalb will er mit Baustellen und Gleisen nichts mehr zu tun haben: „Ich möchte nie wieder im Gleisbau arbeiten.“
B.U.D. e. V. unterstützt Mohammad Z.
Um vor Gericht nicht alleine seinen Peinigern, den Kollegen und deren Freunden, die als Zeugen auftraten, gegenüber stehen zu müssen, begleiteten ihn ein Berater von B.U.D. und seine Rechtsanwältin. Gemeinsam bereiteten sie ihn auf seine Aufgabe als Zeuge vor, erklärten ihm das Verfahren und boten ihm emotionalen Rückhalt. Die Folgekosten des Angriffs trug das Beratungsnetzwerk. Außerdem erhielt Mohammad Z. Unterstützung durch B.U.D. beim schließlich erfolgreichen Antrag auf Opferentschädigung.
Foto: Oberpfalz by TrainPhotographyDE, Flickr, CC BY-NC 2.0, resized