Kodex für Medienhäuser: Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung von Journalist*innen

Die Zahl rechter, rassistischer und antisemitischer Angriffe auf Journalist*innen und Medienarbeiter*innen ist stark angestiegen. Um freie und feste Medienarbeiter*innen besser vor und nach rechten, rassistischen und antisemitischen Angriffen zu unterstützen, haben der VBRG e.V., die Neuen Deutschen Medienmacher*innen, IG Medien in ver.di und der DJV einen Schutzkodex mit zahlreichen praktischen Maßnahmen entwickelt. Medienhäuser wie die Deutsche Presseagentur, DIE ZEIT, die Frankfurter Rundschau und die tageszeitung haben sich zu dessen Umsetzung entschieden.

Hier finden sie die Website zum Schutzkodex: schutzkodex.de

Maßnahmen zum Schutz und zur Unterstützung von Journalist*innen:

  • Ernennung einer Ansprechperson für Bedrohungen und Angriffe im Medien-unternehmen, an die sich sowohl Freie als auch Festangestellte wenden können, wenn sie aufgrund ihrer Berichterstattung zum Ziel von rechten, rassistischen, antisemitischen, frauenverachtenden oder anderweitig politisch motivierten Bedrohungen, Angriffen, Doxxing-Kampagnen sowie Gewalttaten geworden sind.Die Ansprechperson übernimmt die Funktion einer Clearingstelle, d.h. sie informiert die betroffenen Kolleg*innen über alle in-house und externen rechtlichen, psycholo-gischen und psychosozialen sowie finanziellen Unterstützungsmöglichkeiten und erstellt mit den Betroffenen und ggf. Polizei/ Staatsanwaltschaft/unabhängigen Beratungsstellen eine Einschätzung ihrer Gefährdung. Die Ansprechperson begleitet und unterstützt die Betroffenen bis deren Sicherheit wieder hergestellt ist. Es werden alle nötigen Schritte, wie z.B. die anwaltliche Betreuung, Personenschutz, psychologische Betreuung, in die Wege geleitet.
  • Folgende Leistungen sollen für betroffene Medienschaffende angeboten werden, wenn es – im Zusammenhang mit einem journalistischen Beitrag für das Medienhaus – eine Bedrohung, Hassnachrichten oder Angriffe gibt:
    • externe psychologische Unterstützung
    • anwaltliche Unterstützung und Vertretung
    • Kostenübernahme von Personenschutz
    • Hilfe und Kostenübernahme bei etwaigen Wohnungswechseln infolge einer Veröffentlichung der Privatadresse;
    • Kostenübernahme, wenn betroffene Medienschaffende zum eigenen Schutz zeitweise mit dem Taxi zur Arbeit fahren müssen;
    •  juristische und psychologische Unterstützung auch für die Familien der Betroffenen.
    • Zudem sollen für alle Kolleg*innen regelmäßige Fortbildungen und Workshops zum Umgang mit Hassnachrichten und Bedrohungen angeboten werden.
  • Das Medienunternehmen trägt die Kosten für notwendige Unterstützungs-maßnahmen nach Bedrohungen und Angriffen auch für freie Kolleg*innen – zum Beispiel durch die Errichtung eines „Pressefreiheits-Solidar-Fonds“.
  • Rechtliche Unterstützung bei der Auskunftssperre von Meldeadressen der freien und festangestellten Journalist*innen/Fotograf*innen/Autor*innen nach §51 BMG  – u.a. durch das Hausjustitiariat; regelmäßige Informationen zu den entsprechenden Möglichkeiten für Freie und Festangestellte.
  • Einrichtung einer zentralen In-house-Ansprechperson, an die Freie und Festangestellte die Hassmails senden können, die sie bekommen (anti-Toxic-Mailadresse). Die dort eingehenden Hassmails werden regelmäßig vom Hausjustitiariat auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüft und ggf. den Strafverfolgungsbehörden zur Anzeige gebracht. Die in-house-IT übernimmt die Archivierung und erstellt ggf. statistische Übersichten zu Absendern etc.Dies dient der Entlastung der Angegriffenen in zweifacher Hinsicht: sie müssen die Drohungen nicht auf ihren persönlichen Accounts speichern und sie auch nicht zu Ende lesen und sie werden durch die rechtliche Prüfung des Hausjustitiariats auf strafrechtlich relevante Drohungen in allen Verfahrensschritten begleitet.
  • Bei Dreharbeiten, die eine Gefahr für die Medienschaffenden darstellen könnten, wird die Begleitung durch Sicherheitspersonal von der Redaktion angeboten.
  • Schnelle Sperrung der Hater*innen-Profile und -Nutzer*innen in den sozialen Medien
  • Social Media Watch vor sensiblen/ potenziell gefährdeten Veranstaltungen, ggf. Security/ Einlasskontrollen

Eine Initiative von:

 
   

Toolbox gegen rechte Gewalt

Auf der Internetseite www.toolbox-gegen-rechts.de finden sich Hinweise und Informationen zum Umgang mit rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Das Angebot richtet sich speziell an Jugendliche, die auf Grund ihrer Herkunft, Hautfarbe, sexuellen Orientierung oder ihres politischen Engagements zu Angriffszielen von rechten GewalttäterInnen geworden sind.

Mit der Website wurde eine Möglichkeit geschaffen, Jugendliche über ihre Rechte und mögliche Strategien nach einem Angriff zu informieren. Die Inhalte sind online verfügbar und so an jedem Ort per Smartphone abrufbar. Damit haben VBRG und Opferperspektive ein zeitgemäßes und niedrigschwelliges Angebot geschaffen, über das sich Jugendliche leichter informieren können. Es ermöglicht ihnen außerdem unkompliziert in Kontakt mit den jeweiligen Opferberatungsstellen im gesamten Bundesgebiet zu treten.

Mit der „Toolbox gegen rechte Gewalt“ wird auf einen besorgniserregenden Trend reagiert: Bundesweit werden Jugendliche zunehmend durch Rechte bedroht, beleidigt und körperlich attackiert. So waren in Brandenburg im Jahr 2016 fast ein Drittel aller durch rechte Gewalttaten betroffenen Personen 18 Jahre alt oder jünger. Auch jugendliche Geflüchtete werden immer wieder durch RassistInnen angegriffen. Dabei sind es gerade junge Menschen, die sich gegen rechte Umtriebe in ihren Städten und Kommunen engagieren, und organisierten Rechten den öffentlichen Raum nicht einfach überlassen wollen.

Die Website bietet Antworten auf Fragen, die viele betroffene Menschen nach dem Erleben einer rechten Gewalttat beschäftigen: Was ist direkt nach einem Angriff wichtig? Wie kann ich mit meinen Ängsten umgehen? Was sind die Vor- und Nachteile einer Anzeige? Darüber hinaus gibt es wichtige Hinweise zu Entschädigungen und der Finanzierung von Arztkosten und anwaltlicher Vertretung. Jugendlichen soll so die Möglichkeit gegeben werden, selbstbestimmt mit den Angriffsfolgen umzugehen. In einem Kurzfilm wird zudem die Arbeitsweise der Opferberatungsstellen erläutert.