Folge #33 Vor Ort – gegen Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt. Die Podcastserie von NSU Watch und VBRG e.V.

Vor Ort #33 mit Robert Kusche, VBRG-Vorstand und Geschäftsführer der RAA Sachsen, Franz Zobel, Projektleiter bei der Thüringer Beratungsstelle ezra, Pia Lamberty, Sozialpsychologin und Geschäftsführerin bei CeMAS, Kristin Fink, ver.di-Jugendsekretär und Sultana Sediqi von Jugendliche ohne Grenzen.

Seit Wochen steigt die Zahl rassistischer und rechter Angriffe – vor allem in Ostdeutschland, wo flächendeckende rassistische und rechte Mobilisierungen und Proteste den Ausgangspunkt vieler Angriffe bilden. Doch Polizei, Justiz und Politik reagieren mit den immer gleichen Mustern von Verharmlosung, Entpolitisierung und Wegschauen. Dadurch entsteht bei immer mehr Betroffenen von rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt der Eindruck: Der Rechtsstaat lässt sie im Stich. Deshalb haben die im VBRG zusammengeschlossenen Opferberatungsstellen Anfang November einen dringenden Appell für einen echten Paradigmenwechsel bei Polizei und Justiz vor allem in Ostdeutschland mit acht konkreten Maßnahmen veröffentlicht und zu einem Pressegespräch eingeladen.

In dieser Podcastfolge hört ihr daraus Analysen und Forderungen von der Sozialpsychologin Pia Lamberty, sie ist Geschäftsführerin von CeMAS, von Sultana Sediqi, die bei „Jugendliche ohne Grenzen“ in Thüringen aktiv ist, von Kristian Fink, Jugendsekretär bei ver.di, von Robert Kusche der im VBRG-Vorstand aktiv und Geschäftsführer der Opferberatung SUPPORT in Sachsen ist sowie von Franz Zobel, der die Projektleitung bei der Opferberatungsstelle ezra in Thüringen hat. Dazu gibt es aktuelle Beispielfälle dafür, wie die Justiz in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt die Strafverfolgung auch nach schweren rechten Gewalttaten verschleppt und verzögert.

Im Mittelpunkt der Podcastserie „Vor Ort“ stehen Analysen, Beispiele und Hintergründe dazu, wie Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt den Alltag vieler Menschen beeinträchtigen und beeinflussen. Und natürlich die Frage der Solidarität.

Die ostdeutschen Innenminister*innen müssen jetzt einen dringend notwendigen Paradigmenwechsel einläuten. Dafür braucht es aus Sicht der Opferberatungsstellen:

  1. Dezentrale Unterbringung statt Sammelunterkünfte für Geflüchtete aller Herkunftsländer.
  2. Abschaffung der Residenzpflicht und Wohnsitzauflagen, um Geflüchteten besseren Schutz vor rassistischer Gewalt zu gewähren.
  3. Ein Verbot von rechten Aufmärschen vor geplanten und bewohnten Flüchtlingsunterkünften aus Gründen der Gefahrenabwehr.
  4. Eine längst überfällige Erweiterung des Opferschutzes im Aufenthaltsgesetz durch ein humanitäres Bleiberecht für Opfer rassistischer und antisemitischer Gewalt ohne festen Aufenthaltsstatus (Studierende, Geduldete) durch eine Erweiterung von Paragraf 25AufenthG. Von den ostdeutschen Innenminister*innen erwarten wir eine entsprechende Gesetzesinitiative. Denn es kann nicht sein, dass Täter*innen profitieren, weil abgeschobene Opfer nicht mehr als Zeug*innen in Strafverfahren aussagen können.
  5. Den Einsatz von Bereitschafts-Staatsanwält*innen, die die Polizeieinsätze vor Ort begleiten und dafür sorgen, dass bei Propaganda- und Körperverletzungsdelikten bei rechten Demonstrationen auch tatsächlich Ermittlungsverfahren eingeleitet und Tatverdächtige vor Ort festgestellt werden.
  6. Verbindliche, regelmässige und flächendeckende Schulungen für Polizist*innen in Bereitschaftseinheiten zu Artikel 5 GG und Pressefreiheit sowie eine verbindliche Teilnahme an Seminaren der Menschenrechtsbildung, um der Verbreitung von rechten Narrativen entgegen zu wirken.
  7. Ermittlungsgruppen wie “Besondere Aufbauorganisationen” bei den Landeskriminalämtern und Staatsanwaltschaften mit dem Schwerpunkt PMK-rechts zur schnellen und effektiveren Strafverfolgung bei Brandanschlägen und schweren Straftaten.
  8. Priorisierung der Verfahren in Fällen von rechter, rassistischer sowie antisemitischer Gewalt – insbesondere in Ostdeutschland – durch die Gerichte und Staatsanwaltschaften. Staatsanwaltschaften müssen als „Herrin des Ermittlungsverfahrens“ ihr Weisungsrecht gegenüber den Ermittlungsbehörden in Hinblick auf Nr. 15 Abs. 5 RiStBV wahrnehmen.

Links und Literaturtipps zum Podcast

Spendenaufruf der LOBBI für die Betroffenen aus Groß Strömkendorf, Mecklenburg-Vorpommern

Pressemitteilung des VBRG: Paradigmenwechsel im Kampf gegen neue Welle rassistischer Gewalt

aktuelle Studie CeMAS: Belastungsprobe für die Demokratie – pro russische Verschwörungserzählungen und Glaube an Desinformation

Leipziger Autoritarismus-Studie der Heinrich-Böll-Stiftung vom November 2022 zur Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in Ost- und Westdeutschland

Pressemitteilung der Beratungsstelle LOBBI in Mecklenburg-Vorpommern vom 3. November 2022: Neonazi aus Jamel zu Haft verurteilt

Pressemitteilung der Opferperspektive in Brandenburg vom 25. Juni 2021: Staatsanwaltschaft Cottbus erneut in der Kritik

VBRG Opferhilfefonds für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt: Opferhilfefonds