Acht Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU kann es keinen Schlussstrich geben: Die Forderung nach umfassender Aufklärung ist bis heute nicht erfüllt
„Acht Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU kann es keinen Schlussstrich geben: Denn die Forderung der Hinterbliebenen und Verletzten des NSU-Terrors nach umfassender Aufklärung ist bis heute nicht erfüllt – noch immer fehlen Antworten auf zentrale Fragen, sowie eine Anklageerhebung der Generalbundesanwaltschaft gegen mindestens neun namentliche Unterstützer*innen sowie angemessene politische Konsequenzen bei der Bekämpfung von Rechtsterrorismus.“
„Ein Gedenken, das die Hinterbliebenen und Verletzten der Mord- und Anschlagsserie des NSU ausschließt, bleibt reine Kosmetik. Wir unterstützen die Forderungen und Initiativen nach einem unabhängigen Dokumentationszentrum in Zwickau und nach einer Realisierung des Mahnmals an den Nagelbomben-Anschlag in der Keupstraße nach den Wünschen der Anwohner*innen und der Initiative ‚Keupstraße ist überall’.“
„Eine umfassende Aufklärung bedeutet auch, endlich alle bislang als ‚geheim’ gesperrten Akten der Verfassungsschutzbehörden mit NSU- und Rechtsterrorismus Bezug sofort zu entsperren und öffentlich zu machen: insbesondere in Hessen -, aber z.B. auch in Berlin, wo Initiativen und Betroffene der aktuellen Rechtsterrorismus-Serie in Neukölln seit langem einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern und mehrere zehntausend Unterschriften unter eine entsprechende Petition gesammelt haben.“
„Acht Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU kann es keinen Schlussstrich geben: Denn die Forderung der Hinterbliebenen und Verletzten des NSU-Terrors nach umfassender Aufklärung ist bis heute nicht erfüllt – noch immer fehlen Antworten auf zentrale Fragen, sowie eine Anklageerhebung der Generalbundesanwaltschaft gegen mindestens neun namentliche Unterstützer*innen sowie angemessene politische Konsequenzen bei der Bekämpfung von Rechtsterrorismus“, sagt Franz Zobel vom Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.).
Eine umfassende Aufklärung bedeute auch, „endlich alle bislang als „geheim“ gesperrten Akten der Verfassungsschutzbehörden mit NSU- und Rechtsterrorismus Bezug zu entsperren und öffentlich zu machen: insbesondere in Hessen -, aber auch in Berlin, wo Initiativen und Betroffene der aktuellen Rechtsterrorismus-Serie in Neukölln seit langem einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss fordern und mehrere zehntausend Unterschriften unter eine entsprechende Petition gesammelt haben,“ betonen die Opferberatungsstellen und kritisieren die unvollständige Aufklärung des Neonazi-Netzwerks um Stephan E., den mutmaßlichen Täter des Mordes am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke (CDU), und der Rolle des hessischen Verfassungsschutzes.
„Ein Gedenken, das die Hinterbliebenen und Verletzten der Mord- und Anschlagsserie des NSU ausschließt, bleibt reine Kosmetik,“ so Zobel weiter. Gamze Kubaşık, die Tochter des am 4. April 2006 in Dortmund ermordeten Kioskbesitzers und dreifachen Familienvaters Mehmet Kubaşık hatte im Vorfeld der Gedenkveranstaltung mit Bundeskanzlerin Angela Merkel in Zwickau kritisiert, dass sie als Angehörige weder informiert noch zur Gedenkfeier eingeladen wurde. Umso wichtiger seien daher die Forderungen und Initiativen nach einem unabhängigen Dokumentationszentrum in Zwickau und nach einer Realisierung des Mahnmals an den Nagelbomben-Anschlag im Juni 2004 in der Keupstraße nach den Wünschen der Betroffenen, der „Initiative Keupstraße ist überall“ und der Anwohner*innen.
Die Opferberatungsstellen unterstützen seit langem die Überlebenden und Verletzten der NSU-Anschläge in Köln in ihrer Auseinandersetzung um ein Mahnmal an einem Ort ihrer Wahl in Sichtweite des Anschlagsorts in der Keupstraße, für das seit langem ein Entwurf des Künstlers Ulf Aminde vorliegt.
Ein angemessenes Gedenken bedeute auch, dass die Pläne zur Schwächung der Stellung von Nebenklagevertreter*innen in der geplanten Strafrechtrechtsreform zurückgenommen werden. Denn ohne die engagierten Nebenklagevertreter*innen im ersten NSU-Prozess, die den Wunsch der Hinterbliebenen nach umfassender Aufklärung ernst genommen haben, wäre die Perspektive der Betroffenen im ersten NSU-Prozess vollständig ausgeblendet worden. „Wir befürchten, dass eine Schwächung der Stellung von Nebenklagevertreter*innen zukünftig dazu führen wird, dass die Aufklärung und Würdigung rassistischer, rechter und antisemitischer Tatmotivationen in Ermittlungsverfahren und in Hauptverhandlungen noch halbherziger als bislang erfolgt,“ betont Franz Zobel.
Weitere Informationen und Kontakt: Franz Zobel (Vorstand des VBRG e.V.): franz.zobel@ezra.de