Pressemitteilung VBRG

Pressemitteilung der Initiative 19. Februar und des VBRG: Ein überfälliges Signal der Verantwortungsübernahme: Hanauer Familien sollen Geld aus Allgemeinem Opferfonds des Landes Hessen erhalten

Hanau/Berlin, den 8.6.2021

Wie aus Wiesbaden bekannt wurde, sollen die Familien der Opfer des rassistischen Terroranschlags vom 19. Februar 2020 in Hanau Unterstützung aus dem neuen allgemeinen hessischen Fonds für Opfer von Gewalt beantragen können.

„Wir begrüßen, dass sich die demokratischen Parteien im hessischen Landtag 17 Monate nach den neun rassistisch motivierten Morden endlich dazu durchgerungen haben, die Hinterbliebenen und Verletzten finanziell zu unterstützen. Denn die Lage der Familien wurde angesichts auslaufender Krankengelder immer prekärer und bislang hatten die Familien vom Land Hessen keinerlei finanzielle Unterstützung erhalten “, sagt Newroz Duman von der Initiative 19. Februar. „Wichtig ist jetzt vor allem, dass auf die öffentliche Ankündigung eine schnelle und unbürokratische Verfahrensweise implementiert wird, die die Betroffenen nicht zu Bittsteller*innen degradiert.“

Robert Kusche, Vorstandsmitglied im VBRG e.V. und Geschäftsführer der Opferberatung SUPPORT, ergänzt: „Bei dem öffentlichen Versprechen, die Hinterbliebenen und Verletzten des rassistischen Attentats von Hanau zu unterstützen, handelt es sich um ein schon längst überfälliges Signal der Verantwortungsübernahme durch das Land Hessen für die zahlreichen Polizei- und Behördenfehler im Kontext des Attentats vom 19.2.2020“ Jetzt sei es wichtig, dass das Geld zeitnah, unbürokratisch und unabhängig von anderen staatlichen Leistungen ausgezahlt wird. „Das Land Hessen ist in der Verantwortung dafür, dass die Betroffenen nicht zusätzlich zu dem traumatischen Verlust ihrer Angehörigen mit finanzieller Verarmung konfrontiert sind.“

Vor mehr als einem halben Jahr, im Dezember 2020 hatten die Initiative 19. Februar, der Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.) und die hessische Opferberatung response in Trägerschaft der Bildungsstätte Anne Frank erstmals Parteienvertreter:innen in Wiesbaden angesprochen und angeregt, dass Hessen dem Beispiel des Opferhilfsfonds in Thüringen folgen solle. Die Thüringische Landesregierung hatte mit einem Fonds für die Hinterbliebenen der NSU-Mordserie die Verantwortung für die Behördenfehler des Freistaats Thüringen übernommen. Nachdem die Verhandlungen ins Stocken gerieten, hatten über 53.000 Menschen eine Petition für einen Rechtsterrorismus-Opferfonds in Hessen unterschrieben. Die Initiative 19. Februar und der VBRG e.V. hatten die Unterschriften am 8. Mai 2021 im Wiesbadener Landtag an Abgeordnete von CDU, SPD, Grüne, Linke und FDP übergeben und dringend eine schnelle und unbürokratische Umsetzung angemahnt.

„Beschämend bleibt, dass das Land Hessen keinen eigenen Rechtsterrorismus-Opferfonds einrichten wollte – obwohl es in den vergangenen zwei Jahren in keinem anderen Bundesland soviele Todesopfer rechtsterroristischer Gewalt wie in Hessen gab und damit beispielsweise auch die Familie von Halit Yozgat keinen Zugang zu finanzieller Unterstützung durch das Land hat“, sagt Robert Kusche vom VBRG e.V. . Indem lediglich ein allgemeiner Opferfonds mit relativ knappen Mitteln eingerichtet wurde, besteht die Gefahr, dass Opfergruppen in Konkurrenz zueinander gebracht werden. Dennoch sind wir erleichtert, dass dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau eine besondere Bedeutung zugemessen wurde“.

Newroz Duman fügt abschließend hinzu: „Wir sehen die Entscheidung als einen ersten wichtigen Schritt und als eine dringend notwendig Hilfe für die nächste Zeit. Allerdings warten wir immer noch darauf, dass auch politisch die Verantwortung für den Anschlag in Hanau übernommen und den Betroffenen zugesichert wird, dass sie auch in zwei oder drei Jahren nicht vergessen und alleine gelassen werden.