Policy Paper
Gewaltopferberatungsstellen: Unentbehrlich und doch strukturell schlecht ausgestattet

Download: Policypaper des VBRG vom 06.12.2023 – Bedarfe der Gewaltopferberatungsstellen

Ausgangssituation:

Täglich werden mindestens fünf Menschen Opfer von rechts motivierten Gewalttaten.[1] Rechte, rassistische und antisemitische Angriffe beeinflussen und verändern jährlich das Leben vieler tausend Einzelpersonen, Familien und sozialer Communities und Zusammenhänge in Deutschland. Die direkt und indirekt Betroffenen über ihre Rechte als Opferzeug*innen in Strafverfahren zu informieren und bei deren Wahrnehmung und Durchsetzung zu unterstützen, ihren Erfahrungen und Forderungen Gehör zu verschaffen und sie in der Verarbeitung des Erlebten zu begleiten, ist Aufgabe der fachspezifischen Opferberatungsstellen. 17 Gewaltopferberatungsprojekte aus 14 Bundesländern mit rund 35 Anlaufstellen und Onlineberatungen sind im VBRG e.V. zusammengeschlossen. Sie unterstützen die direkt Betroffenen von Angriffen, Bedrohungen, Attentaten, Brandanschlägen und Überfällen ebenso wie deren Angehörige, Hinterbliebene, Bezugspersonen und Zeug*innen: kostenlos, vertraulich, vor Ort, parteilich im Sinne der Betroffenen und auf Wunsch auch anonym. Der VBRG setzt sich dafür ein, dass Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt bundesweit Zugang zu professionellen, unabhängigen, kostenlosen und parteilich in ihrem Sinne arbeitenden Beratungs- und Unterstützungseinrichtungen erhalten – und bietet dafür bundesweit Fortbildungen, Hilfsmaterial sowie unabhängiges Monitoring zum Ausmaß rechter Gewalt an: für alle fachspezifischen Opferberatungsstellen ebenso wie für ein breites Netz von Kooperationspartner*innen, die durch Demokratie leben! gefördert werden sowie für Medien, Wissenschaftler*innen und Interessierte in Politik, Verwaltung und Justiz.

Die im VBRG e.V. zusammengeschlossenen Beratungsstellen haben in den Jahren 2022 und 2023 eine weitere Eskalation von rassistischer und antisemitischer Gewalt und Bedrohungen registriert. Seit 2019 starben bei rechtsterroristischen Attentaten und tödlichen rechts, rassistisch, queerfeindlichen und antisemitischen Botschafts- und Gewalttaten 21 Menschen (vgl. VBRG-Monitoring für die Jahre 2019 – 2022). Rassismus ist weiterhin das überwiegende Tatmotiv.[2] Durch die Normalisierung extrem rechter, rassistischer und antisemitischer Diskurse hat sich die Bedrohungssituation für viele Menschen weiter verschärft – insbesondere für Betroffene von Antisemitismus, Rassismus, Queer- und Transphobie, Sozialdarwinismus sowie demokratisch Engagierte aus Zivilgesellschaft und Politik, Journalist*innen und Mitarbeiter*innen von Verwaltungen und Mandatsträger*innen demokratischer Parteien, die als „politische Gegner*innen“ Ziel rechter Angriffe werden. Beispielhaft seien hier die weitverbreiteten rechten Verschwörungsnarrative (vgl. Mitte-Studie 2023) im Zuge der Covid-Pandemie und des Angriffskriegs auf die Ukraine sowie der terroristischen Angriffe der Hamas am 7.10.2023 auf die israelische Zivilbevölkerung mit der nachfolgenden weitreichenden Eskalation antisemitischer sowie antimuslimischer Bedrohungen und Angriffe in Deutschland, genannt.

Der Rechtsstaat lässt die Angegriffenen im Stich: Untererfassung, sekundäre Viktimisierung durch Polizei und Justiz

Konkret registrierten die Opferberatungsstellen im VBRG für das Jahr 2022 in zehn von 16 Bundesländern insgesamt 2.093 Fälle rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG 2023), wohingegen die Ermittlungsbehörden in 16 Bundesländern bundesweit lediglich 925 Fälle im Themenfeld Hasskriminalität der PMK registrierten (Bundesministerium des Inneren und für Heimat/BKA 2023). Dabei geben diese Statistiken das reale Ausmaß rechter Gewalt nur ausschnittweise wieder:  Aus dem „Deutsche Viktimisierungssurvey 2017“, für den das Kriminalistische Institut des BKA bei einer repräsentativen Bevölkerungsumfrage mehr als 30.000 Menschen ab 16 Jahren nach ihren Opfererfahrungen befragt hatte, zeigt sich ein erhebliches Maß an Untererfassung rechter Gewalt. Die BKA-Studie weist nach, dass sich jährlich 22,9 Fälle von vorurteilsgeleiteten Körperverletzungen pro 1000 Einwohner*innen ereignen. In 3,5 Fällen pro 1000 Einwohner*innen ist die Hautfarbe des Opfers ausschlaggebend für dessen Viktimisierung, das heißt, dass allein im Jahr 2017 etwa 248.000 rassistisch motivierte Körperverletzungen stattgefunden haben. Eine Studie des Landeskriminalamtes Schleswig-Holstein aus dem Jahr 2017 zu „Erfahrung und Folgen von Vorurteilskriminalität“ kam zu dem Ergebnis, dass die meisten vorurteilsmotivierten Straftaten von den Opfern nicht angezeigt wurden – die mittlere Anzeigequote lag demnach bei 29,3 Prozent.[3]  Aktuelle Studien der Europäischen Grundrechteagentur zeigen, dass je nach Tatmotivation und Betroffenengruppen lediglich zwischen 30 – 50 Prozent der Gewaltvorfälle zur Anzeige gebracht werden.[4] Sowohl die o.g. Statistiken des BKA als auch die Statistiken der Opferberatungsstellen zum Ausmaß von rechts, rassistisch oder antisemitisch motivierten Gewalttaten bilden also offensichtlich nur einen Ausschnitt der Realität rechter Angriffe ab. Zudem bildet das Erfassungssystem der politisch Motivierten Kriminalität im Themenfeld „Hasskriminalität“ der Landeskriminalämter und des BKA die Betroffenengruppe nur unzureichend ab, die durch die fachspezifischen Opferberatungsstellen beraten werden. So unterschiedlich, wie die einzelnen Betroffenen sind, sie machen dennoch sehr ähnliche Erfahrungen von Viktimisierung, Ohnmacht und sekundärer Viktimisierung.

Diese Studienergebnisse decken sich mit den Ergebnissen der Europäischen Grundrechteagentur in ihrem Bericht „Encouraging Hate Crime Reporting: The Role of Law Enforcement Agencies“ in 2021: [5]Angst vor oder mangelndes Vertrauen in die Polizei“ sei ein wichtiger Grund für mehr als ein Viertel aller jüdischen und LGBTIQ*-Befragten, einen gewalttätigen antisemitischen oder queerfeindlichen Angriff nicht zur Anzeige zu bringen, so die Studie der Grundrechteagentur. Aus den Daten der Grundrechteagentur geht auch hervor, dass die meisten Befragten, die von Hassverbrechen betroffen waren, mit der Reaktion der Polizei unzufrieden waren. Zum Beispiel war die überwältigende Mehrheit der muslimischen Befragten, die eine vorurteilsmotivierte Körperverletzung zur Anzeige gebracht hatten, entweder sehr oder eher unzufrieden mit der Art und Weise, wie die Polizei sie behandelt hatte (81 %). Die überwältigende Mehrheit der Personen of Colour mit einer Herkunft aus der Subsahara-Region, die rassistische Gewalt zur Anzeige gebracht hatten, war ebenfalls unzufrieden mit der Art und Weise, wie ihre Anzeige bei der Polizei bearbeitet wurde. (Frauen, 93 %; Männer, 69 %).[6] Die EU-Grundrechteagentur betont auch: „Die Art und Weise, wie die Polizei reagiert, wenn Opfer Straftaten melden, wirkt sich auf das Vertrauen in die Polizei aus.“

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Studie Sekundäre Viktimisierung von Betroffenen rechter, rassistischer, antisemitischer und sexualisierter Gewalt – Fokus: Polizei und Justiz (IDZ 2023). 82 Prozent der hierfür Befragten bemängelten, dass rechte Tatmotive bei den polizeilichen Ermittlungen nicht berücksichtigt wurden, zudem fühlten sich mehr als die Hälfte der Befragten durch Polizeibeamt*innen in ihrer Würde verletzt. Zwei Drittel der Befragten stimmten der Aussage zu, sie seien von Polizist*innen „wie ein Mensch zweiter Klasse“ behandelt worden. Generell wurde die Kommunikation mit der Polizei von 66 Prozent als „schwierig“ empfunden. Besonders gravierend: Immer wieder wurde eine Täter*innen-Opfer-Umkehr wahrgenommen, mit der den Betroffenen zumindest eine Mitverantwortung an Angriffen zugewiesen wird.[7]

Trotz der Unterschiede der Studienteilnehmenden hinsichtlich ihrer Lebensumstände der jeweiligen Gewalterfahrungen sowie der Tatmotive gibt es große Übereinstimmungen in Bezug auf die Erfahrungen mit sekundärer Viktimisierung durch Polizei und Justiz.

Unentbehrlich: Effektive Unterstützung durch fachspezifische Gewaltopferberatungsstellen

Als effektive Unterstützungsformen bei der Bewältigung von Tatfolgen wurden von den Befragten der IDZ-Studie insbesondere Gespräche im sozialen Umfeld (65 Prozent) sowie an zweiter Stelle professionelle Unterstützung, u. a. von Opferberatungsstellen und dem Angebot psychosozialer Beratung genannt.  Die Studie macht deutlich, dass fachspezifische Gewaltopferberatungsstellen eine elementare Lücke für Betroffene von Gewaltstraftaten im Kontext von Antisemitismus, Rassismus und Rechtsterrorismus füllen, die auf strukturelle Probleme u.a. in den Strafverfolgungs- und Justizbehörden beruht. (IDZ 2023) Dennoch wurde nur ein Viertel der Befragten von den Beamt*innen auf die fachspezifischen Angebote hingewiesen. Die aktuelle Studie des IDZ Jena sowie die Ergebnisse der Europäischen Grundrechteagentur sind ein weiterer Beleg dafür, dass es trotz der EU-Opferschutzrichtlinie und dem 3. Opferrechtsreformgesetz in Deutschland sowohl bei Polizei und Justiz kaum Fortschritte und Sensibilität für die Prävention von sekundärer Viktimisierung gibt.

Ein aktuelles Beispiel ist die verschleppte Strafverfolgung von zwei Dutzend Neonazis nach gewalttätigen Angriffen am 1.9.2018 in Chemnitz. Die Ereignisse im Sommer 2018 in Chemnitz – rassistisch motivierte Hetzjagden, Angriffe auf Geflüchtete und rassistische und extrem rechte Aufmärsche mehrere Tage in Folge, sowie Angriffe auf Gegendemonstrant*innen – hatten über Deutschland hinaus für Schlagzeilen gesorgt. Erst fünf Jahre nach den Neonazi-Angriffen auf zivilgesellschaftliche Gegendemonstrant*innen beginnt am 11.12.2023 am Landgericht Chemnitz der erstinstanzliche Prozess gegen einen Teil der Angeklagten. Über fünf Jahre haben die Angegriffen mit Hilfe der Opferberatungsstellen SUPPORT in Sachsen, response in Hessen und des VBRG darum kämpfen müssen, dass es überhaupt zu einer Hauptverhandlung kommt.

Gewaltopferberatungsstellen: Unentbehrlich und doch strukturell schlecht ausgestattet

 Sowohl vor dem Hintergrund der flächendeckenden Bedrohung durch und Präsenz von antisemitisch, rassistisch und rechts motivierter Gewalt, der gravierenden Untererfassung sowie der langandauernden Instanzenwege und Verfahrensdauern ist es besonders wichtig, dass fachspezifische Opferberatungsstellen als kontinuierliche Ansprechpartner*innen und Anlaufstellen für die Verletzten gestärkt werden. Die Bedeutung der Gewaltopferberatungsstellen und des VBRG e.V. sind u.a. im Referentenentwurf für das Demokratiefördergesetz erwähnt und vom Kabinettsausschuss gegen Rechtsextremismus und Rassismus in Maßnahme 65 betont worden. Das anhaltend hohe Niveau rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt führt jedoch laut der DJI-Evaluation der Opferberatungsstellen (DJI 2021) dazu, dass 1/3 der Beratungsstellen am Rand ihrer Kapazitäten bzw. darüber hinaus arbeiten.[8]

Qualitätsstandards betonen die Notwendigkeit einer adäquaten Ausstattung

Die gemeinsamen aktualisierten Qualitätsstandards der Opferberatungsstellen im VBRG betonen die Notwendigkeit einer adäquaten personellen und finanziellen Ausstattung für folgende Aufgabenfelder der Opferberatungsstellen:

  • Aufsuchende Beratung in multiprofessionellen, intersektionalen Teams, dazu gehört Recherche und Netzwerkarbeit zur Erreichung Betroffener und Unterbreitung von Beratungsangeboten, professioneller Beziehungsaufbau als Beratungsvoraussetzung, psychosoziale Beratung, Entlastung und Stabilisierung zum Teil hochbelasteter Ratsuchender, Beratung und Begleitung in rechtlichen Fragen sowie zu Entschädigungsfragen und zu Leistungen nach SGB XIV, Beratung zur Wiederherstellung von Sicherheitsgefühl und Analysen zu objektiven Bedrohungsfaktoren/Sicherheitsfragen, Anbindung an Empowerment-Räume, Organisierung von lokaler, regionaler und ggfs. überregionaler Unterstützung und Solidarität, Begleitung zu Polizei, Justiz, Ämtern und Behörden, Ärzt*innen und Psycholog*innen, Ausländerbehörden, Orientierung und ggfs. Begleitung zu Verweisberatungsstrukturen (z.B. Asyl-/-Migrationsberatungsstellen etc.).
  • Eine adäquate Ausstattung für Onlineberatung als weiteren niedrigschwelligen Zugang zu Erstberatung, Informationen und Betroffenengruppen, die in ländlichen Regionen leben und multilinguale Beratung suchen.[9]
  • kontinuierliches Monitoring, Recherche zu und Dokumentation von antisemitischer, rassistisch, rechts motivierten Angriffen
  • Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit für Kooperationspartner*innen, staatliche Akteur*innen, Medien und interessierte Öffentlichkeit (kommunal-, regional- und überregional)
  • Begleitung in und Beobachtung von Gerichtsprozessen
  • Netzwerkarbeit und lokale Intervention, um vor Ort Solidarisierungsprozesse für Angegriffene und betroffene Communities zu initiieren.
  • Vernetzungs- und (Fach)-Austauschangebote für communitybasierte Anlaufstellen und Monitoringstellen.
  • Wissenschafts-Praxis-Transfer im Kontext von aktuellen Entwicklungen im Phänomenbereich rechtsmotivierter Gewalt mit dem Ziel, die Beratungsangebote entsprechend der Diversifizierung von Erscheinungsformen und Täter*innen-Gruppen in Bezug auf Antisemitismus, Rassismus (z.B. anti-kurdischer Rassismus), rechter Gewalt sowie Rechtsterrorismus weiterzuentwickeln und dadurch für neue stark betroffene Zielgruppen (Impfteams und Gesundheitsarbeiter*innen während der Coronapandemie, Ukrainische Geflüchtet etc.) zugänglich zu machen.
  • eine Ausstattung mit bedarfsgerechten Honorarmitteln, u.a. für den Einsatz von Dolmetscher*innen in der Beratung und ggfs. bei Anwaltsgesprächen, Team- und Fall-Supervisionsangebote, Fortbildungen, Organisationsentwicklung sowie externe Unterstützung bei Dokumentation und Recherche sowie Bedarfe für externe rechtliche Expertise ebenso wie für Datenschutzpflichten
  • angemessene Ausstattung bei Sachmitteln – insbesondere für die aufsuchenden Beratungsangebote (Fahrtkosten, Dienst/Leasing/Mietfahrzeuge) sowie Sicherheitsmaßnahmen.

Zwingender Qualitätsstandard ist es weiterhin, mindestens in 2-er Berater*innen-Team zu arbeiten.

Zu berücksichtigen ist in der professionellen Gewaltopferberatung die notwendigerweise langjährige Begleitung (z.B. von Betroffenen aus Chemnitz) aufgrund der langen Instanzenwege, langwierigen und belastenden Antrags- und Begutachtungsverfahren bei OEG- und anderen Entschädigungsanträgen, langwierige physische und psychische Rehabilitationsprozesse etc. Diese erfordern eine hohe Stabilität und Kontinuität in den Beratungsteams. Die mit dem Berufsfeld und den Qualitätsstandards einhergehenden Anforderungen an Professionalität erfordern entsprechend auch langjährige Planungsmöglichkeiten und Sicherheit in Bezug auf die Absicherung durch die Fördermittelgeber für die Beratungsstellen.

Darüber hinaus müssen die Geldgeber*innen in Bund und Ländern für die akuten sowie langfristigen Beratungsbedarfe von Überlebenden und Hinterbliebenen von rechtsterroristischen Attentaten zusätzliche Fonds auflegen: diese sollten jeweils nach Bedarfen in Folge von Attentaten den regional zuständigen Gewaltopferberatungsstellen zum Ausbau ihrer personellen Ressourcen für entsprechende Beratungsangebote zur Verfügung gestellt werden.

Grundsätzlicher Bezugsrahmen und Anspruch auf Bundesförderung:

Die EU-Opferschutzrichtlinie – Richtlinie 2012/29/EU –, die 2012 durch das EU-Parlament angenommen und 2015 in allen Mitgliedstaaten in Kraft getreten ist, verpflichtet die Bundesregierung dazu, die Rechte von Opfern von Straftaten erheblich zu stärken. Dazu gehört auch die Verpflichtung der Bundesregierung den Zugang zu unabhängigen professionellen und fachspezifischen Beratungsstellen zu erleichtern und auszubauen. Aus der EU-Opferschutzrichtlinie ergibt sich auch die Notwendigkeit den Opferschutz und die Finanzierung der spezialisierten Opferberatungsstellen für Betroffene von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sicherzustellen (insbesondere Art.8 Nr.1-5) In den Parallelberichten und zivilgesellschaftlichen Stellungnahmen von amnesty international und dem Deutschen Institut für Menschenrechte vor dem UN Antirassismus-Ausschuss im Oktober 2023 wird zudem auch auf die Bedeutung von unabhängigen Monitoring zum Ausmaß von PMK Rechts Gewalttaten hingewiesen und explizit auf das Monitoring des VBRG verwiesen.[10]

Der Bund muss insbesondere auch dafür Sorge tragen, dass die Opferberatungsstellen unabhängig von Landeskofinanzierungen und veränderten politischen Rahmenbedingungen nach den Landtagswahlen im Jahr 2024 weiterhin nach den Qualitätsstandards arbeiten und adäquat ausgestattet sind.

Schlussfolgerung und Ausblick

Vor dem Hintergrund der wachsenden Zustimmung für die rechtsextreme AfD und den Studienergebnissen der Politologin Rafaela Dancygier (Princeton University, USA) zum Zusammenhang zwischen politischen Debatten und Hasskriminalität gegen Geflüchtete, ist in den kommenden Jahren mit einem weiteren Anstieg von rassistischen und rechts motivierten Gewalttaten zu rechnen. Die Ergebnisse der Studie, für die 3000 Teilnehmende in Deutschland in den Jahren 2016 und 2017 befragt wurden, sind beunruhigend: Ein Fünftel aller Befragten hält rassistische Hasskriminalität für legitim. 15 Prozent der Befragten fanden rassistische Gewalt gegen Geflüchtete vertretbar, wenn dadurch weniger Flüchtlinge im Ort angesiedelt würden und um politische Diskurse und Entscheidungen von Politiker*innen zu beeinflussen.[11]

Ein Ausbau der fachspezifischen Beratungsangebote der Opferberatungsstellen im VBRG ist daher zwingend notwendig.

Quellen:

[1] Vgl. VBRG 2023: https://verband-brg.de/rechte-rassistische-und-antisemitische-gewalt-in-deutschland-2022-jahresbilanzen-der-opferberatungsstellen/

[2] https://verband-brg.de/rechte-rassistische-und-antisemitische-gewalt-in-deutschland-2022-jahresbilanzen-der-opferberatungsstellen/

[3] Viktimisierungssurvey 2021, 2017

[4] FRA Studie 2023: Being Black in Europe; FRA Studie 2021 „Reporting Hate-Crimes“

[5] European Union Agency for Fundamental Rights (2021): ENCOURAGING HATE CRIME REPORTING. THE ROLE OF LAW ENFORCEMENT AND OTHER AUTHORITIES. Online: https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2021-hate-crime-reporting_en.pdf.

[6] European Union Agency for Fundamental Rights (2021): ENCOURAGING HATE CRIME REPORTING. THE ROLE OF LAW ENFORCEMENT AND OTHER AUTHORITIES. Online: https://fra.europa.eu/sites/default/files/fra_uploads/fra-2021-hate-crime-reporting_en.pdf.

[7] Studie: Sekundäre Viktimisierung von Betroffenen rechter, rassistischer, antisemitischer und sexualisierter Gewalt: Fokus Polizei und Justiz (IDZ 2023): www.verband-brg.de

[8] DJI Schwerpunktbericht 2020, Opferberatungsstellen: https://www.demokratie-leben.de/fileadmin/Demokratie-Leben/Downloads_Dokumente/Berichte_der_wissenschaftlichen_Begleitung_und_Programmevaluation/2._Foerderperiode/Handlungsbereich_Land/Schwerpunktbericht_2020_Opferberatung.pdf

[9] Vgl. Studie „gut vernetzt – Bedarfsanalyse zu Onlineberatung im Kontext von Rassismus, Antisemitismus, rechter Gewalt und Diskriminierung“ (IDZ/VBRG 2023): https://verband-brg.de/studie-gut-vernetzt-bedarfsanalyse-online-beratung/

[10] https://www.amnesty.de/sites/default/files/2023-11/Amnesty-Bericht-Rassismus-Ueberpruefung-UN-Ausschuss-November-2023.pdf

https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/aktuelles/detail/bekaempfung-von-rassismus-in-deutschland-ganz-oben-auf-die-politische-agenda-setzen

[11] https://www.pnas.org/doi/10.1073/pnas.2212757120