„Deine Erfahrung zählt!“ Bundesweite OnlineBefragung zu sekundärer Viktimisierung durch Ermittlungs und Strafverfolgungsbehörden gestartet

Die Studie wird vom 1. Juni bis zum 31. Juli 2022 durchgeführt. Um den Zugang möglichst barrierearm zu gestalten, steht der Online-Fragebogen in zehn Sprachen zur Verfügung: Deutsch, Französisch, Englisch, Kurdisch, Vietnamesisch, Serbisch, Arabisch, Persisch, Tigrinya und Türkisch.

Hier teilnehmen: https://www.soscisurvey.de/Polizei_Justiz/

Am 1.06.2022 startet die bundesweite, quantitative Befragung zu Erfahrungen von Betroffenen rechter, rassistischer, antisemitischer und sexualisierter Gewalt mit Kontakt zu Ermittlungs- und Strafverfolgungsbehörden.

Mit der Studie untersucht das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena das Phänomen der sekundären Viktimisierung von Betroffenen im Rahmen von Ermittlungs- und Strafverfahren. Als sekundäre Viktimisierung wird eine erneute Opferwerdung durch Fehlreaktionen beteiligter Akteur:innen bezeichnet. Beispielsweise, wenn Ermittler:innen bei Verletzten und Opferzeug:innen eine Mitschuld an einer Tat konstruieren. Dadurch können die negativen Auswirkungen der primären Viktimisierung der Betroffenen durch die eigentliche Gewalttat zusätzlich verstärkt werden. Mit der Befragung wird an die 2014 in Thüringen durchgeführte Studie „Die haben uns nicht ernstgenommen“ von Matthias Quent, Daniel Geschke und Erik Peinelt angeschlossen, die im Auftrag der Thüringer Opferberatung ezra durchgeführt wurde.

„Bereits bei der ersten Auflage der Studie 2014 zeigten sich massiv die negativen Erfahrungen von Betroffenen im Kontakt mit der Polizei. Etwa die Hälfte der Befragten fühlte sich damals in der Tatsituation durch die anwesenden Beamt:innen nicht ernstgenommen und viele sahen sich mit Vorurteilen konfrontiert.“

Leiter des Projektes Dr. Daniel Geschke, IDZ Jena

Da die Studie lediglich die Erfahrungen mit Polizei in Thüringen erhob, erfolgt die Neuauflage bundesweit und wird zusätzlich die Erfahrungen im Kontakt mit Staatsanwaltschaften und Gerichten untersuchen.

„Mit der Studie wird hoffentlich eine wichtige Lücke geschlossen. Die Frage, welche Erfahrungen Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt im Kontakt mit Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichten machen, wirft ein wichtiges Schlaglicht auf die Alltagspraxis von Institutionen des Rechtsstaats, die dem Schutz von Opfern von Gewalttaten verpflichtet sind.“

Heike Kleffner, VBRG e.V.

In der Beratungspraxis der Thüringer Opferberatungsstelle ezra geht es häufig um negative Erfahrungen von Angegriffenen mit Polizei und Justiz.

„Immer wieder berichten uns Beratungsnehmende von diskriminierenden Fragen oder Täter-Opfer-Umkehr bei Vernehmungen und Gerichtsverhandlungen, Bagatellisierungen durch Beamt:innen oder Verweigerung einer Anzeigenaufnahme. Diese Fälle werden durch Behörden oftmals als Einzelfälle konstruiert – die aktuelle Studie soll ein realistisches Bild der Erfahrungen der Betroffenen zeichnen. Dazu gehört auch die Nichtanerkennung eines rechten Tatmotivs im Rahmen von Strafverfahren. Das stellt die Erfahrungen der Betroffenen zusätzlich in Frage“.

Theresa Lauß, Beraterin bei ezra

Insbesondere marginalisierte Gruppen, wie von Rassismus sowie Antisemitismus betroffene Menschen oder LGBTIQA*-Personen, die ohnehin täglicher Diskriminierung ausgesetzt sind, sind von sekundärer Viktimisierung betroffen. Aus diesem Grund stehen sie im Mittelpunkt der Befragung.

Volljährige Betroffene, die seit 2016 rechte, rassistische, antisemitische und/oder sexualisierte Gewalt erlebt haben und danach Kontakt mit Polizei oder Justiz hatten, sind eingeladen an der anonymen Online-Befragung teilzunehmen. Multiplikator:innen werden gebeten, für die Teilnahme zu werben.

Durchgeführt wird die Studie vom Jenaer Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft (IDZ) in Kooperation mit der Thüringer Opferberatungsstelle ezra und dem bundesweiten Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.). Die
Ergebnisse der Studie werden im Rahmen einer Broschüre sowie als Fachvorträge veröffentlicht.

Weiterführende Links:

Link zur Onlinebefragung

Werbematerialien zum Download

Informationen zum Forschungsprojekt: www.idz-jena.de

Pressemitteilung zum Start der Online-Befragung

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