Presseerklärung: Urteilsverkündung 32 Jahre nach dem Mord an Samuel Kofi Yeboah

Saarbrücken/Berlin, den 08. Oktober 2023

„Dieser Mann wollte uns alle ermorden und hat unseren Freund Samuel Kofi Yeboah getötet“. Überlebende des Brandanschlags am 19.9.1991 in Saarlouis hoffen auf Verurteilung des angeklagten Neonazis durch das Oberlandesgericht Koblenz – 32 Jahre nach einem mörderischen Neonazibrandanschlag auf eine Unterkunft für Asylsuchende.

„Die Überlebenden sind keine Statisten“: Die Nicht-Einladung und Missachtung der Überlebenden bei der ersten städtischen Gedenkveranstaltung für Samuel Kofi Yeboah in Saarlouis spiegelt drei Jahrzehnte Defizite in der Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsterrorismus im Saarland, kritisieren der Verband der Opferberatungsstellen und der Saarländische Flüchtlingsrat.

Am Montag, den 9. Oktober 2023 wird im Prozess am OLG Koblenz um den Neonazi-Brandanschlag am 19.9.1991 in Saarlouis auf eine Unterkunft für Asylsuchende das Urteil erwartet. Bei dem Brandanschlag wurde der 27-jährige Samuel Kofi Yeboah, der vor der damaligen Militärdiktatur in Ghana nach Deutschland geflohen war, ermordet. 20 Menschen entkamen den Flammen nur durch glückliche Umstände. „Dieser Mann wollte uns alle ermorden und hat unseren Freund Samuel Kofi Yeboah getötet,“ sagt Abdul S., einer der Überlebenden und Nebenkläger im Prozess am OLG Koblenz. „Der Anschlag und dass wir drei Jahrzehnte vom Staat im Stich gelassen wurden, hat unser Leben beschädigt. Jetzt hoffen wir, dass das Gericht den Angeklagten verurteilt und auch alle Mittäter noch zur Verantwortung gezogen werden“.

„Zu der allerersten Gedenkveranstaltung der Stadt Saarlouis nach 32 Jahren am 19. September 2023 wurde keiner der Überlebenden eingeladen“, kritisieren der VBRG e.V. und der Saarländische Flüchtlingsrat. „Diese anhaltende Missachtung von Überlebenden rassistischen Terrors in Saarlouis und anderen Orten des Saarlands spiegelt massive Defizite in der dringend notwendigen Auseinandersetzung mit Rassismus und Rechtsterrorismus im Bundesland wider. „Dank der präzisen Aufklärung in der Hauptverhandlung am OLG Koblenz kann niemand mehr diese dramatische Verharmlosung rechten Terrors und Ignoranz durch Polizei und Justiz im Saarland leugnen“, betonen VBRG e.V und Saarländischer Flüchtlingsrat. „Wir hoffen, dass von diesem Prozess eine Signalwirkung in weiteren Fällen schwerster Gewalttaten durch Neonazis im Baseballschläger- und Brandanschlagsjahrzehnt ausgeht“. Jetzt ist es am Untersuchungsausschuss des Saarländischen Landtags, die Mitverantwortung von Polizei, Justiz und Verfassungsschutz für das Jahrzehnt des rechten Terrors im Saarland gründlich aufzuklären.

Nebenklagevertreter*innen Kristin Pietrzyk, Alexander Hoffmann und Björn Elberling kritisieren, dass die Stadt Saarlouis offensichtlich nichts gelernt hat: „Oberbürgermeister Demmer (SPD) entschuldigte sich zwar im Rahmen der Gedenkveranstaltung für Versäumnisse der Stadt aus der Vergangenheit, setzt aber gleichwohl dieses Verhalten fort. Ein Gedenken ohne die Überlebenden grenzt diese erneut aus und macht eine Aufarbeitung unmöglich.“