Rückblicke – Praxen – Perspektiven: 10 Jahre ReachOut
Anlässlich des 10-jährigen Bestehens hat ReachOut die Broschüre „Rückblicke – Praxen – Perspektiven“ herausgegeben. Es geht darum, ganz verschiedene Menschen mit ihren Positionen, Analysen und Praxen zu Wort kommen zu lassen.
Es sind Momentaufnahmen, Fragmente zum Stand der Dinge, wie er sich (uns) zeigt, diskutiert und gelebt wird. – Nicht glatt, nicht frei von Widersprüchen, nicht absolut. Allerdings fokussieren alle in dieser Broschüre versammelten Beiträge Rassismus. Damit spiegeln sich auch der Projektalltag in der Beratungs-, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit und unsere eigenen politischen Lebensläufe und Aktivitäten wider.
Im ersten Kapitel der Broschüre finden sich grundsätzliche Blicke auf Rassismus in Deutschland der letzten Jahrzehnte – und den Widerstand dagegen. Den Anfang macht der ReachOut-Mitarbeiter Biplab Basu. Wie sich antirassistische Praxis seiner Meinung nach entwickelte und wie er rassistische Angriffe und Debatten, seine Aktivitäten und seine Arbeit seit Ende der 1980er Jahre einschätzt, erläutert er in dem Interview. Im Anschluss geht der Grünen-Politiker Riza Baran in der Beschreibung seiner politischen Kämpfe zurück bis zum Beginn der 1960er Jahre. Baran spricht von der Notwendigkeit, Politik im Parlament aktiv zu betreiben, und dabei die außerparlamentarischen Aktivitäten nicht zu vernachlässigen. Nach den beiden Interviews beschreiben Sharon Dodua Otoo und Tahir Della aus der Perspektive ihrer politischen Arbeit in der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland (ISD) die Geschichte und die Themen Schwarzer Kämpfe in Deutschland.
Danach beantwortet Deniz Utlu, Mitherausgeber des Kultur- und Gesellschaftsmagazins freitext, Fragen zu seinem Engagement gegen Rassismus, seinen Aktivitäten als freier Autor, der Notwendigkeit, Kultur und Politik zusammen zu denken und rassistische Sprachhandlungen zu erkennen und auszuhebeln. Vassilis Tsianos von der Universität Hamburg stellt anschließend in einem Gespräch seine Analyse aktueller Formen von Rassismus vor. Sabine Schiffer vom Institut für Medienverantwortung (IMV) rundet das erste Kapitel ab und deckt anlässlich eines anderen Jubiläums in satirischer Weise die wahren Interessen auf, die hinter dem Anwerbeabkommen der Türkei mit Deutschland stehen.
Im zweiten Kapitel der Broschüre offenbaren wir tiefe Einblicke in die Arbeitsfelder von ReachOut. Zu jedem der drei Kernbereiche Beratung, Monitoring und Bildung wird jeweils ein Interview mit ReachOut-Mitarbeiterinnen mit Ansichten von außen ergänzt. Helga Seyb und Maria João Portugal beschreiben zunächst, worum es bei der Beratung von Opfern rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt geht, wo und warum sie an Grenzen stoßen und welche politischen Forderungen und Notwendigkeiten sich daraus ergeben. Angelina Weinbender vom Migrationsrat Berlin-Brandenburg (MRBB) stellt danach klar, warum die Unterstützung der Betroffenen zwangsläufig eine politische sein muss. Zur Bedeutung und Notwendigkeit ihrer täglichen Recherchen und der Dokumentation rechter, rassistischer und antisemitischer Angriffe in Berlin werden die ReachOut-Mitarbeiterinnen Maria João Portugal und Ulrike Müller befragt. Hierzu liefert Liz Fekete vom Institute of Race Relations (IRR) in London eine Außenperspektive. Sie plädiert in ihrem Artikel für ein unabhängiges Monitoring und nimmt dabei neben ReachOut auch Projekte in anderen europäischen Ländern in den Blick.
Zu den Ansätzen und Schwerpunkten ihrer Bildungsarbeit bei ReachOut wird Sanchita Basu interviewt. Ihr Trainingskonzept Social Justice und Diversity und die Notwendigkeit, politische Theorien und praktische Methoden in der Bildungsarbeit zu verbinden, stellen Leah Carola Czollek und ihre Kolleginnen Gudrun Perko und Heike Weinbach vor. Der Arbeitskreis Extremismusbegriff aus Marburg setzt sich kritisch mit den vom Verfassungsschutz NRW konzipierten Andi-Comics auseinander.
Anstelle eines Fazits oder Ausblicks stellt sich die ReachOut-Mitarbeiterin Sabine Seyb den Fragen zu den Fallstricken des Projektalltages, den Kämpfen um die Weiterfinanzierung von ReachOut, den Versäumnissen von Politik und Medien und dazu, welche politischen Forderungen und Notwendigkeiten sich daraus ergeben.
Diese Broschüre möchte einen kleinen Ausschnitt des vielfältigen Widerstands gegen Unterdrückung offenbaren und zur Diskussion stellen. Einige Beiträge mögen neue Perspektiven ermöglichen, andere vielleicht auf den ersten Blick undurchsichtig wirken – doch alle eint der Wunsch nach Veränderung. Es bleibt noch viel zu tun!