


Bewertung der Nebenklage zur Hauptverhandlung im Neukölln-Komplex
Erklärung der Nebenklage von Ferat Kocak und Franziska Nedelmann anlässlich der Urteilsverkündung im Prozess gegen die Angeklagten Sebastian Thom und Thilo Paulenz am 15. Dezember 2022 vor dem Landgericht Berlin im Neukölln-Komplex. „Das Ergebnis des Prozesses überrascht nicht. Seit Jahren wird angeblich gegen die rechten Strukturen in Berlin-Neukölln ermittelt. Allen ist klar, dass es ein neonazistisches Netzwerk in Berlin gibt. Dafür sprechen nicht nur die Anschläge, die seit 2009 gezielt gegen diejenigen stattfinden, die nicht in das Weltbild der Nazis passen, sondern dafür sprechen auch die Erkenntnisse, die die Strafverfolgungsbehörden gesammelt haben. Trotzdem wird hier lediglich gegen Einzelpersonen Anklage erhoben. Die Justiz nimmt es hin, dass das Berliner Landesamt für Verfassungsschutz mauert und seine Informationen nicht preisgibt. Die Interessen und vor allem der Schutz der Betroffenen werden damit wieder einmal nicht ernst genommen.“

Presseerklärung: Prozessbeginn 31 Jahre nach dem Mord an Samuel Kofi Yeboah
Zum Prozessbeginn am 16. November 2022 am OLG Koblenz 31 Jahre nach dem rassistischen Mord an Samuel Kofi Yeboah und Mordversuch an 18 Menschen in Folge des rassistischen Brandanschlags vom 19. September 1991 in Saarlouis fordert der VBRG: " Die saarländische Landesregierung muss endlich Verantwortung übernehmen: Durch die Freigabe aller Verfassungsschutz-Akten an die Prozessbeteiligten und die Einrichtung eines Rechtsterrorismus-Opferfonds für die Hinterbliebenen und Überlebenden." Mit dem Prozessbeginn ist ein wichtiges Signal verbunden: Dass die Kultur der Straflosigkeit, mit der hunderte von rechten Brandstiftern der 1990er Jahre bislang straflos davon gekommen sind, ein Ende finden kann – wenn die Ermittlungen nicht durch lokale Polizei und Justiz geführt werden.

Viereinhalb Jahre nach Beginn des NSU 2.0-Komplexes: Ein wichtiges Urteil, aber weiter keine vollständige Aufklärung
Gemeinsame Erklärung von Seda Başay-Yıldız, İdil Baydar, Anne Helm, Martina Renner, Janine Wissler und Hengameh Yaghoobifarah anlässlich der Urteilsverkündung im Prozess gegen den Angeklagten A. M. am 17. November 2022 vor dem Landgericht Frankfurt am Main. "Wir erhoffen uns von dem Gericht ein wichtiges Urteil mit einer starken Signalwirkung – an den Angeklagten A. M. und alle Nachahmer*innen, die mit rechtsextremen, rassistischen und misogynen Drohschreiben ein Klima der Angst und Einschüchterung weit über den unmittelbaren Kreis der Betroffenen schüren wollten und wollen. Ebenso erhoffen wir uns von dem Gericht ein Signal, dass die Drohserie nicht vollständig aufgeklärt und die hessische Polizei durch die Verurteilung des M. auch nicht entlastet ist."

Presseerklärung des VBRG: Paradigmenwechsel im Kampf gegen neue Welle rassistischer Gewalt
Dringend notwendig: Ein Paradigmenwechsel im Kampf gegen die neue Welle rassistischer und rechter Gewalt. Angesichts der neuen Welle rassistischer und rechter Gewalt fordern die Opferberatungsstellen einen glaubhaften Paradigmenwechsel von Polizei und Justiz in der Strafverfolgung bei rechten Gewalttaten und im Umgang mit rechten Protesten und Aufmärschen. Der Rechtsstaat darf die Betroffenen rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Ostdeutschland nicht länger im Stich lassen. Überlange Verfahrensdauern in der Strafverfolgung nach rechten Gewalttaten und eine schockierend niedrige Aufklärungsquote von nicht einmal 1/5 bei rechten Brandanschlägen entmutigen die Betroffenen und stärken rechte Täter*innen und Nachahmer*innen.

Stellungnahme zum Entwurf des Demokratiefördergesetzes
Der VBRG veröffentlicht eine Stellungnahme zum Referentenentwurf zum DFördG von BMFSFJ und BMI. Diese zentralen Punkte müssen überarbeitet werden: 1. Der Gesetzesentwurf muss die fachspezifischen Opferberatungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt im Gesetz eindeutig benennen.
2. Die uneindeutige und irreführende Bezeichnung im vorliegenden Referentenentwurf „Opfer von politisch und ideologisch motivierter Gewalt“ soll zugunsten der klaren und eindeutigen Begrifflichkeit „Opfer von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt sowie Ideologien der Ungleichwertigkeit“ ersetzt werden. 3. Beteiligung und Mitbestimmung der Zivilgesellschaft müssen im Sinne des Subsidiaritätsprinzips verbindlich geregelt werden. 4. Im Gesetz muss ein klarer Bezug zur EU-Opferschutzrichtlinie 2012/29/EU sowie weiteren Schutznormen hergestellt werden, mit denen sich die Bundesregierung zum Schutz der universellen Menschenrechte verpflichtet hat. 5. Der Gesetzesentwurf muss eine dauerhafte und langfristige Finanzierung der Arbeit der spezialisierten Opferberatungsstellen sowie des Dachverbands VBRG e.V. mit einer Mindestlaufzeit von zehn Jahren benennen.

Stellungnahme zum „Referentenentwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“ aus dem Bundesministerium für Justiz vom 19. Juli 2022
Die im VBRG e.V. zusammengeschlossenen Gewaltopferberatungsstellen in 14 Bundesländern begrüßen die Initiative für eine Überarbeitung des Sanktionenrechts. Sie halten eine Überarbeitung des Sanktionenrechts und insbesondere der Strafzumessung in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB für dringend notwendig. Denn die derzeitige Justizpraxis zeigt: Rassismus, Antisemitismus und LGBTIQ* Feindlichkeit sowie Misogynie werden in vielen Gerichtsbezirken in Ost- und Westdeutschland bislang nicht ausreichend als Tatmotive für schwerste Gewalttaten wahrgenommen und entsprechend auch nicht bei der Strafzumessung der Täter*innen berücksichtigt.

Presseerklärung des VBRG: Rechte Brandanschläge, Straflosigkeit und Entschädigung
Der VBRG gibt eine Presseerklärung zu den Themen rechte Brandanschläge, Straflosigkeit und Entschädigung heraus. Blockierte Strafverfolgung wie im Fall von Samuel Kofi Yeboah ist kein Einzelfall. Ohne das kontinuierliche Gedenken durch antifaschistische Bündnisse und den Flüchtlingsrat Saarbrücken wäre es nicht zur der Strafverfolgung gekommen. Die Welle rassistischer Gewalt und Brandanschläge ebbt nicht ab. Im Vergleich von 45 Ermittlungsverfahren aus NRW und 32 in Sachsen ist die Einstellungsquote von 91 Prozent in Nordrhein-Westfalen und 84 Prozent der Ermittlungsverfahren in Sachsen noch höher als in den 1990er Jahren. Lediglich 10 bis 15 Prozent aller Täter*innen werden überhaupt strafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Damit setzen sich die Kultur der Straflosigkeit und die Entstehungsbedingungen für weiteren rechten Terror fort.

Pressemitteilung der Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung: „Das Demokratiefördergesetz muss echte Perspektiven bieten“ – Zivilgesellschaft stellt eigenen Gesetzentwurf vor
Anfang 2023 soll das Demokratiefördergesetz in Kraft treten. Eigentlich sollte es Demokratieprojekte langfristig absichern. Doch was aus der Politik zu hören und den Eckpunkten zu entnehmen ist, ernüchtert: Geplant ist ein abstraktes Gesetz, das für die Projekte wenig ändern würde. Die „Bundesarbeitsgemeinschaft Demokratieentwicklung“ (BAGD), ein Zusammenschluss von über 60 zivilgesellschaftlichen Organisationen, legt deshalb einen eigenen Gesetzentwurf vor. Er zeigt, was im Demokratiefördergesetz geregelt sein muss, um Projekten gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus die angekündigte Planungssicherheit zu geben – und damit eine Handlungsempfehlung des NSU-Untersuchungsausschusses umzusetzen, die bereits 2017 im Bundestag fraktionsübergreifend beschlossen wurde.

Stellungnahme zum „Referentenentwurf eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt“ aus dem Bundesministerium für Justiz vom 19. Juli 2022
Die im VBRG e.V. zusammengeschlossenen Gewaltopferberatungsstellen in 14 Bundesländern begrüßen die Initiative für eine Überarbeitung des Sanktionenrechts. Sie halten eine Überarbeitung des Sanktionenrechts und insbesondere der Strafzumessung in § 46 Abs. 2 Satz 2 StGB für dringend notwendig. Denn die derzeitige Justizpraxis zeigt: Rassismus, Antisemitismus und LGBTIQ* Feindlichkeit sowie Misogynie werden in vielen Gerichtsbezirken in Ost- und Westdeutschland bislang nicht ausreichend als Tatmotive für schwerste Gewalttaten wahrgenommen und entsprechend auch nicht bei der Strafzumessung der Täter*innen berücksichtigt.

Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt in Deutschland 2021 – Jahresbilanzen der Opferberatungsstellen
Täglich ereigneten sich im Jahr 2021 mindestens vier rechte Gewalttaten. Zu diesem erschreckenden Ergebnis kommt die Jahresbilanz Rechte Gewalt 2021 des VBRG e.V. In neun von 16 Bundesländern wurden insgesamt 1391 rechts, rassistisch und antisemitisch motivierte Angriffe registriert. Fünf Menschen starben durch rechte Tötungsdelikte von Anhängern der Coronaleugner-Bewegung. Rassismus bleibt dabei überwiegend das Hauptmotiv.

12 Empfehlungen für effektive Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und rechter Gewalt – in den Bereichen Justiz, Innenpolitik und Demokratieförderung.
Verbesserter Opferschutz, humanitäres Bleiberecht und effektive Strafverfolgung: Die Bundesregierung muss den Schutz vor rassistischer, antisemitischer und rechter Gewalt aus Respekt vor tausenden Betroffenen ernst nehmen und verbessern – durch konkrete Maßnahmen in den Bereichen Innenpolitik, Justiz und Demokratieförderung.

Pressemitteilung und Spendenaufruf: Gegen die Schlussstrich-Entscheidung des BGH. Wir bitten um Spenden für Überlebende des Halle-Attentats
Zweieinhalb Jahre nach dem rechtsterroristischen, antisemitisch und rassistisch motivierten Attentat an Yom Kippur 2019 in Halle (Saale) und Wiedersdorf hat der Bundesgerichtshof die Revision von zwei Überlebenden des Attentats, İsmet Tekin und Aftax I., gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Naumburg vom Dezember 2020 ohne Begründung verworfen. Mit ihrer Revision hatten sich die beiden Nebenkläger dagegen gewandt, dass das OLG Naumburg den Versuch des Attentäters, mit seinem Fluchtfahrzeug Aftax I. als Schwarze Person gezielt zu überfahren und zu töten, lediglich als fahrlässige Körperverletzung gewertet hatte und die Schüsse auf İsmet Tekin nicht als versuchten Mord wertete und nicht im Urteil einbezog. „Mit der verworfenen Revision und der Rechtskraft dieses Urteils entzieht sich die Justiz in beschämender Weise der Verantwortung, die rassistischen Motive der Gewalt gegen Aftax I. und İsmet Tekin anzuerkennen“, sagt Talya Feldman, Überlebende des Attentats auf die Synagoge.

Stellungnahme: Schwere Polizeifehler und erschreckende Parallelen zum NSU
Prof. Thomas Feltes war bis 2019 Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Kriminalpolitik und Polizeiwissenschaft an der Ruhr Universität Bochum. Als Sachverständiger im Hanau-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags hat der Jurist eine umfassende schriftliche Stellungnahme für seine Aussage am 18. März 2022 verfasst, die er aber aufgrund von Interventionen der Ausschussmehrheit von CDU und Grünen sowie des hessischen Justizministeriums in öffentlicher Sitzung nicht vortragen durfte. Wir dokumentieren die Stellungnahme im Wortlaut. Der Kriminologe stellt unter anderem „erschreckende und erschütternde Parallelen“ zum Polizeiverhalten beim NSU fest und resümiert: „Insgesamt kann (...) die Einschätzung der Opfer und der Hinterbliebenen nachvollzogen werden, dass die Polizei im Umgang mit ihnen schwere Fehler gemacht hat. (...)“

Pressemitteilung VBRG
Pressemitteilung: Erste Anhörung von Polizei- und Justizverantwortlichen im Untersuchungsausschuss zu Hanau offenbart parteipolitische Blockaden
Am 1. April sind beim Untersuchungsausschuss zum rassistischen Terroranschlag in Hanau erstmals Verantwortliche aus Polizei und Justiz als Zeug*innen geladen, die zum konkreten Einsatz in der Tatnacht und den anschließenden Ermittlungen aussagen sollen. „Wir hoffen, dass es nun endlich erste Antworten auf die vielen offenen Fragen zum Vorgehen von Polizei und Staatsanwaltschaft am 19. und 20. Februar 2020 geben wird,“ sagt Newroz Duman von der Initiative 19. Februar Hanau. „Es ist unverständlich, dass der Ausschuss die wichtigsten Zeug*innen des Tages – Oberstaatsanwältin Türmer und Polizeidirektor Fornoff – erst für den Freitagmittag bzw. Nachmittag geladen hat“, kritisiert eine Sprecherin vom VBRG.